König Artus

von Sir Thomas Malory

 

Verlag: Insel Taschenbuch

 

Leseprobe

WIE DAS FRÄULEIN VOM SEE KÖNIG ARTUS VOR EINEM MANTEL BEWAHRTE, DER IHN VERBRENNEN SOLLTE. In diesem Augenblick kam das Fräulein vom See zum König und sagte: Herr, ich muss mit Euch allein reden. Sagt, entgegnete der König, was Ihr auf dem Herzen habt. Herr, riet das Fräulein, legt diesen Mantel nicht um, bis Ihr mehr gesehen habt, und lasst ihn auf keine Weise an Euch oder an einen Eurer Ritter kommen, bevor Ihr der Überbringerin befohlen habt, ihn umzulegen. Gut, antwortete Artus, es soll geschehen, wie Ihr ratet. Und dann sagte er zu dem Fräulein, das von seiner Schwester kam: Fräulein, ich möchte sehen, wie der Mantel Euch kleidet, den Ihr mir gebracht habt. Herr, erwiderte sie, es steht mir nicht an, ein Königsgewand zu tragen. Bei meinem Leben, beharrte Artus, Ihr sollt ihn tragen, bevor er auf meinen Rücken kommt oder auf den irgendeines anderen hier. Und so ließ ihn der König ihr mit Gewalt umlegen, und im Augenblick sank sie ohne ein weiteres Wort tot zu Boden und verbrannte zu Asche. Da wurde der König überaus zornig, mehr als zuvor, und sagte zu König Uriens: Meine Schwester, Euer Weib, ist ständig darauf aus, mich zu verderben, und ich weiß wohl, dass entweder Ihr oder mein Neffe, Euer Sohn, mit ihr im Bunde seid. Doch will ich es von Euch nicht recht glauben, denn Accolon hat mir selbst bekannt, dass er Euch ebenso umbringen wollte wie mich. Ich halte Euch daher für schuldlos, aber Euern Sohn, Sir Iwein, habe ich im Verdacht, und deshalb gebe ich Euch den Auftrag, ihn von meinem Hofe zu entfernen. So wurde Sir Iwein in Ungnaden weggeschickt. Als Sir Gawein dies erfuhr, machte er sich bereit, mit ihm zu gehen, und er sagte: Wer meinen leiblichen Vetter verbannt, der verbannt auch mich. So ritten sie beide fort und kamen in einen großen Wald und schließlich zu einem Kloster, wo sie gut aufgenommen wurden. Als aber der König erfuhr, dass Sir Gawein den Hof verlassen hatte, gab es großes Klagen unter allen Edlen. Nun haben wir, sagte Gaheris, Gaweins Bruder, anstelle von einem zwei gute Ritter verloren. Am nächsten Morgen hörten sie in dem Kloster die Messe und ritten dann weiter, bis sie in einen großen Wald kamen. Da bemerkte Sir Gawein in einem Tal bei einem Turm zwölf schöne Fräulein und zwei bewaffnete Ritter auf großen Pferden, und die Fräulein gingen vor einem Baume hin und her. Dann sah Sir Gawein, dass an dem Baum ein weißer Schild hing, und immer, wenn die Fräulein daran vorübergingen, spuckten sie darauf und einige bewarfen ihn mit Schmutz.

(Ausschnitt aus: Sir Thomas Malory – König Artus; Insel Verlag)

 

Inhalt

Die Artus Saga von Sir Thomas Malory gilt als die umfassendste und beste Version dieser Geschichte. Sie beinhaltet sowohl die Geburt als auch den Aufstieg Artus’, seine Regierungszeit, die Gralssuche sowie seinen Untergang. Daneben sind viele Geschichten bekannter Ritter, allen voran Sir Lanzelot und Sir Tristan, eingebunden. Alles in allem geht es immer wieder um Aufgaben, die den Rittern gestellt werden – sei es eine oder mehrere Jungfrauen zu befreien, einen bösen Ritter, oder auch mehrere zu besiegen, dann mal einen Riesen zu töten oder einfach nur die eigen Stärke mit anderen Rittern zu messen. Daneben werden immer wieder Turniere durchgeführt, bei denen es ein beliebtes Spielchen ist, wo der Hauptheld, meist Sir Lanzelot, zwischendurch mal eben seine Rüstung wechselt, um von niemandem erkannt zu werden. Außerdem spielen natürlich Intrigen, Verleumdungen und ähnliches eine wichtige Rolle…

 

Biographie

Sir Thomas Malory lebte im 15. Jahrhundert. Seine genaue Herkunft erscheint umstritten. Allgemein gilt, dass er ein Ritter aus Warwickshire war und als Adliger 1445 ins englische Parlament kam. In den 1450er Jahren wurde er wegen diverser Vergehen, darunter Mord, Raub, Diebstahl sowie der Wilderei und Vergewaltigung angeklagt und landete mehrfach im Kerker. In dieser Zeit schrieb er die ersten Teile seines Buches The Book of King Arthur and His Noble Knights of the Round Table, welches nach seinem Tode von William Caxton 1485 unter dem Titel Le Morte d'Arthur veröffentlicht wurde. Dabei bezieht sich Malory auf eine nicht näher genannte französische Literaturquelle.

 

Bewertung

Das Buch ist gut zu lesen und spiegelt meiner Ansicht sehr schön den Geist der damaligen Zeit wider. Die Sprache sowie die Art und Weise der Erzählung mag zwar dem ein oder anderen monoton erscheinen, macht meiner Meinung nach der Geschichte keinen Abbruch. Das einzige, was zu bemängeln ist, ist die Tatsache, dass einige Handlungsstränge leider nicht zu Ende erzählt werden und man irgendwann später von dieser oder jener Person hört, dass sie ermordet worden ist…

 

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