RÖMER

Römer Kapitel 15 Teil VIII

Römer 15.30-33

Ich ermahne euch aber, liebe Brüder, durch unsern Herrn Jesus Christus und durch die Liebe des Geistes, dass ihr mir helfet kämpfen mit Beten für mich zu Gott, auf dass ich errettet werde von den Ungläubigen in Judäa, und dass mein Dienst, den ich für Jerusalem tue, angenehm werde den Heiligen, auf dass ich mit Freuden zu euch komme durch den Willen Gottes und mich mit euch erquicke. Der Gott aber des Friedens sei mit euch allen! Amen.

 

Ich ermahne euch aber, liebe Brüder, durch unsern Herrn Jesus Christus und durch die Liebe des Geistes. – Es ist bekannt, mit welcher Missgunst Paulus von seinen Stammesgenossen verfolgt wurde wegen des falschen Verdachtes, er predige den Abfall von Mose. Und der Apostel wusste nur zu gut, was Verleumdungen der Unschuld ausrichten können, besonders dort, wo ein unbesonnener Fanatismus die Herzen erfüllt. Dazu kam das Zeugnis des Geistes (Apostelgeschichte 20.23), laut dessen er in Jerusalem Bande und Trübsale erwarten musste. Je größere Gefahren er nun vor sich sah, desto tiefer ward seine Seele ergriffen. Daher die Bewegtheit, mit welcher er der Gemeinde sein eigenes Ergehen ans Herz legt. Und diese Besorgnis des Apostels um sein Leben darf uns nicht wundernehmen; denn er bedachte, dass an seinem Leben für das Wohl der Kirche vieles hing. Welches Zittern aber seine fromme Seele erfüllte, zeigt die Inbrunst seiner Ermahnung: Nicht bloß der Name des Herrn, sondern auch die Liebe des Geistes soll die Heiligen an einander binden. Der Apostel ist also nicht so empfindungslos und innerlich über jede Gefahr erhaben, dass er leichthin in den Tod gehen wollte. Er greift vielmehr nach den Abwehrmitteln, die Gott ihm darreicht. Er geht die Gemeinde um Fürbitte an, um durch die Hilfe ihrer Gebete Trost zu empfangen, nach der Verheißung (Matthäus 18. 19-20): „Wo zwei unter euch eins werden auf Erden, warum es ist, dass sie bitten wollen, das soll ihnen widerfahren von meinem Vater im Himmel. Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen.“ Und damit niemand sein Gesuch um Fürbitte nur für eine gewohnheitsmäßige Redensart halte, so beschwört Paulus seine Brüder mit großem Nachdruck bei dem Herrn Jesus Christus und der Liebe des Geistes. Das ist jene Liebe, mit welcher uns Christus verbindet, nicht eine Liebe des Fleisches oder der Welt, sondern eine solche, deren Gemeinschaftsband in Christi Geist besteht. Welch unvergleichliche Wohltat Gottes, dass wir an der Fürbitte der Heiligen eine Hilfe haben! Ein Paulus, Gottes auserwähltes Werkzeug, hat diese Hilfe nicht verschmäht – und wir elende, schwache Menschlein sollten etwa glauben, ihrer nicht zu bedürfen?

Dass ihr mir helfet kämpfen. – Welche Ängste müssen den Apostel drücken, dass er von einem Kampfe redet! Und wenn er Beistand in diesem Kampfe sucht, können wir daraus lernen, welchen Wert die Gebete der Frommen für die Brüder haben: Der eine tritt für den andern ein, und der Bruder nimmt des Bruders Not für sich wie seine eigne. Zugleich verstehen wir, welche Wirkung solche Fürbitte hat. Wer seinen Bruder dem Herrn ans Herz legt, hilft ihm einen Teil seiner Last tragen und macht sie ihm dadurch leichter. Und wenn unsere Kraft darauf beruht, dass wir den Namen des Herrn anrufen, so können wir auch die Brüder auf keine bessere Weise stärken als durch Anrufung dieses Namens.

Dass mein Dienst, den ich für Jerusalem tue, angenehm werde den Heiligen, auf dass ich mit Freuden zu euch komme durch den Willen Gottes und mich mit euch erquicke. – So hatten seine Widersacher den Apostel bei den jüdischen Christen verlästert, dass selbst die Sorge aufsteigen konnte, ob diese einen Dienst, der ihnen sonst in ihrer Not höchst erwünscht sein musste, aus seinen Händen wohl gern annehmen würden. Nun offenbart sich darin die ganze Sanftmut des Apostels, dass er nicht davon absteht, für Leute sich zu mühen, bei denen er doch eine dankbare Aufnahme seines Dienstes bezweifeln muss. Solchen Sinn müssen wir uns aneignen; wir dürfen nicht aufhören, Gutes zu tun, auch wo wir des Dankes keineswegs sicher sind. Weiter wollen wir beachten, dass Paulus den Namen von Heiligen eben diesen Leuten nicht entzieht, von denen er doch fürchten muss, dass sie ihm Verdacht oder Misstrauen entgegenbringen werden. Er weiß, dass auch „Heilige“ durch verleumderische Gerüchte sich zu verkehrtem Urteil verleiten lassen können. Obgleich er aber ganz darauf gefasst ist, dass ihm Unrecht von ihnen geschieht, hört er doch nicht auf, in ehrenvoller Weise von ihnen zu sprechen. Wenn übrigens der Apostel zuletzt hinzufügt (Vers 32): Auf dass ich zu euch komme, so können seine Leser daraus abnehmen, dass ihre Fürbitte ihnen selbst zugutekommen wird: Es liegt in ihrem eignen Interesse, dass Paulus nicht in Judäa getötet werde. Ebendahin zielt der Beisatz mit Freuden; auch dies konnte ja den Römern nur von Nutzen sein, wenn der Apostel fröhlichen Sinnes und frei von Traurigkeit zu ihnen kam, um desto mutiger und kräftiger sein Werk an ihnen zu treiben. Das Wort, dass ich mich mit euch erquicke, zeigt von neuem, eine wie sichere Hoffnung Paulus auf die brüderliche Liebe der Römer setzt. Alles aber erwartet er nur durch den Willen Gottes. Also ist es dringend nötig, anzuhalten im Gebet; denn Gott allein lenkt alle unsere Wege durch Seine Vorsehung.

Der Gott aber des Friedens sei mit euch allen! – Die Form dieses Segenswunsches scheint darauf hinzudeuten, dass der Apostel nicht bloß die Gemeinde im Ganzen der Obhut Gott empfehlen, sondern jedem einzelnen seine Leitung anwünschen will. Damit würde es dann auch stimmen, dass Gott ausdrücklich ein Gott des Friedens heißt: Er, der Ursprung alles Friedens, möge um alle Glieder der Gemeinde Sein Band schlingen!