JONA-PREDIGTEN

7. Jona-Predigt

Kohlbrügges abschließende Predigt zum Propheten Jona

 

 

Wir haben die Betrachtung der Geschichte Jona beendet. Wir wollen von diesem Propheten nicht scheiden, ohne noch ein Wort gesagt zu haben, welches euch Not tut; denn es würde nicht ohne manchen Seelenschaden abgehen, wenn die Vögel des Himmels (dies ist der Teufel), den mit dieser Geschichte ausgestreuten Samen wegnähmen! Oder wenn der Same nur aufschösse, um bald von der Sonnenhitze verdorrt zu werden! Oder wenn die Augenlust, Fleischeslust und die Üppigkeit des Lebens, dazu die Begierde nach dem Vergänglichen und Eitlen solchen Samen erstickten! Es ist bei euch nicht alles gute Erde, wo der Same des Wortes hinkommt. Hier geht es nun um die Anwendung des Wortes Gottes auf sich selbst! Die Worte Gottes sind wie die Meereswogen, jede Woge und Welle schlägt hart heran, um alles Fleisch in die Tiefe hineinzuwerfen, bis dass ein Mensch, überzeugt von eigener Verlorenheit und von der Gerechtigkeit Gottes, des Herrn Stärke ergriffen habe und geborgen sei in der Gerechtigkeit, welche allein in Gott gilt.

Ganz demütigend waren die letzten Worte aus dem Munde des Herrn zu dem Propheten: Und so viele Tiere. Wie lange mögen ihm diese Worte wohl in den Ohren geklungen haben, die bei ihm jede Anmaßung niederschlugen?! Die Tiere galten bei dem Herrn mehr als Jona und sein verkehrter Wille! Diese Worte sollen auch uns in den Ohren klingen! Du wirst vor Scham und Schanden deinen Mund nicht auftun, wenn ich dir alles werde vergeben haben, so lautet des Herrn Bund seinem Volke. Gott ist freimächtig in allem Seinem Tun; Er ist der Schöpfer der Tiere sowohl als auch der Menschen! Er hört die jungen Raben, die zu Ihm schreien ebenso gewiss als die jungen Kinder in der Wiege. Für den Menschen in Gnaden wird alles geschaffen sein, nicht allein die Tiere, sondern auch die Engel, die mächtigen Throngeister! Dahingegen wird Gott, wenn der Mensch in Anmaßung sich erhebt, so wenig Unterschied machen zwischen Menschen und Tieren, dass Er vielmehr die Tiere den Menschen vorziehen wird.

Jona hat es gefühlt, was der Herr gemeint hat, darum lässt er auch von sich keinen Laut mehr vernehmen! Steht einer vor Gott schuldig, ist er zu diesem Bekenntnis gekommen: An dir allein habe ich gesündigt und übel vor dir getan, auf dass du Recht behaltest in deinen Worten und rein bleibest, wenn du gerichtet wirst! So lässt er Gott das letzte Wort! Und er schweigt! Und er schwindet dahin vor dem Worte des Herrn! Und er glaubt und betet an! Jona stand nun da vor Gott zum dritten Male in dem vollen Bewusstsein: Bei mir ist es nicht – du Herr bist allein heilig! Wo lag denn nun der Grund, dass er nicht erschlagen wurde auf dem Wege, da er vor Gott floh? Wo der Grund, dass der Herr den Fisch verschaffte, dass er betete und glaubte in dem Bauche des Fisches, und der Fisch ihn auf das Trockene werfen musste? Und wo war der Grund, dass der Herr ihm seinen Lebensüberdruss und Zorn nicht zurechnete, und dass Jona nicht umkam, als er die letzten Worte des Herrn vernahm? – Diesen Grund will ich euch erklären: Denn es ist nicht genug, dass man sagt, die Heiligen sind Menschen gewesen wie wir! Sondern wir sollen wissen, wie wir, obschon Menschen, dennoch gerecht und heilig seien mögen in den Augen Gottes! Und diesen Grund will ich euch anzeigen: Nicht allein auf dass ihr denselben Grund kennet, sondern dass ihr auch auf solchem Grunde erfunden und weiter erbauet seid. Gott gebe, daß die Geschichte Jona bei euch ihre besondere Anwendung bleibend gefunden habe!