JANUAR

11. Januar

Römer 9.14:

Was sollen wir denn hier sagen? Ist denn Gott ungerecht? Das sei ferne!

 

Das Fleisch kann Gottes Weisheit nicht vernehmen, ohne sofort eine Reihe von widerspenstigen Fragen aufzuwerfen und von Gott gewissermaßen Rechenschaft zu fordern. So oft der Apostel also irgendein besonderes Geheimnis verhandelt, räumt er stets die Schwierigkeiten aus dem Wege, in welchen sich die Gedanken der Menschen zu verwickeln pflegen. Namentlich die Lehre von der Erwählung bietet ja mannigfaltige Anstöße. Der menschliche Geist verläuft sich hier in lauter Irrwege, aus welchen er den Ausweg nicht mehr findet. Wie ist nun da zu helfen? Nicht etwa dadurch, dass man von dieser Lehre grundsätzlich schweigt. Denn da der Heilige Geist uns nie eine überflüssige Lehre vorträgt, so birgt auch diese Lehre von der Erwählung ihren großen Nutzen, wenn man sie nur innerhalb der Schranken des Wortes Gottes verhandelt. Wir wollen also nichts zu wissen begehren, als was die Schrift lehrt: Wo Gott Seinen heiligen Mund schließt, da wollen auch wir auf den Versuch verzichten, unsern Weg noch weiter fortzusetzen. Doch wir sind Menschen und fassen von Natur viele törichte Gedanken: Also wollen wir hören, was Paulus zu deren Abwehr sagt.

Unglaublicher Vorwitz des menschlichen Geistes, lieber Gott der Ungerechtigkeit zu bezichtigen als die eigene Blindheit zuzugeben! Das Fleisch hält es für ungerecht, dass Gott den einen übergeht, den anderen annimmt. Um diesen Anstoß zu beheben, verhandelt Paulus die Frage in zwei Abschnitten: Zuerst spricht er von den Erwählten, dann von den Verworfenen. Bei den ersteren sollen wir Gottes Barmherzigkeit ins Auge fassen, bei den letzteren Sein gerechtes Gericht anerkennen. Doch zunächst gibt Paulus seinen Abscheu gegen den Gedanken zu erkennen, dass Gott ungerecht sein könnte: Das sei ferne!

(Calvin)